Spanienaustausch 2017/18 (II): ‚Anna‘ im spanischen Baskenland

Warten … sehr, sehr viel warten. Wenn man uns fragt, was den Spanienaustausch dominiert hat, dann wird wohl jeder von uns genau das antworten. Denn wenn sich ein Klischee über Spanier auf diesem Austausch bestätigt hat, dann ist es ihre ‚Gelassenheit‘ beim Zu-spät-Kommen. Auch davon abgesehen haben wir ausschließlich ‚typische Spanier‘, also extrem gelassene, temperamentvolle, liebenswerte und immer zum Feiern aufgelegte Spanier/-innen kennengelernt.

Das Klischee, dass es in Spanien immer gutes Wetter habe, hat sich dann aber, zumindest für die Besuchsregion, leider doch nicht bestätigt. Adiós kurze Hosen und braun werden! Dennoch hatten wir viel Spaß im schönen Baskenland und im Notfall gibt es dort ja an jeder Ecke ein Café oder eine Bäckerei, um unterzukommen und sich mit „Churros con Chocolate“ oder anderen Leckereien wieder aufzumuntern.

Schon am Anreisetag hätte das bereits erwähnte, schlechte Wetter für uns zu einem Problem werden können, denn wie wir erfuhren, war unser Flug einer der wenigen, die an besagtem Donnerstag in Bilbao landen durften. (Die Flugzeuge, die keine Landeerlaubnis erhalten haben, wurden nach Barcelona oder Madrid weitergeleitet. Es ist Ansichtssache, ob so schlimm gewesen wäre.) Ein recht kleiner Bus bugsierte unsere Truppe von 21 aufgeregten Jugendlichen, einschließlich der Begleitlehrkräfte Frau Vahl und Herrn Hubmann, dann nach Vitoria-Gasteiz zu unserer Partnerschule IES Miguel de Unamuno. Dort wurden wir von den Austauschschülern/-innen, Gasteltern, den spanischen Lehrkräften und der Direktorin – sie hielt schon ein Kuchenmesser in der Hand, mit dem sie sich uns gleich sympathisch gemacht hat –, herzlich begrüßt. Ein gigantisches Begrüßungsbuffet aus typischen baskischen Gerichten, Kuchen und Pizza erwartete uns, das wir vor lauter Wiedersehensfreude und Trubel nebenbei komplett verputzten. Am Abend desselben Tages trafen wir uns spontan mit dem größten Teil der Spanier/-innen zum Essen (zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass jeweils spätabends in den Gastfamilien noch das sehr ausgiebige Abendessen folgen sollte) in der Innenstadt. Schon jetzt ahnten wir, dass eine Gesamtorganisation unserer Freizeitaktivitäten den ganzen Austausch über nicht mehr funktionieren würde, da immer alle dabei sein und zusammenbleiben wollten. Nach gefühlt einer Stunde, die wir, praktisch durchgängig zur Musik falsch, dafür aber umso lauter mitsingend (Unsere Top 3: „Hannes aus der Knopffabrik“, „Das Fliegerlied“ und „Échame la culpa“) und bei Nieselregen suchend zugebracht haben, fanden wir endlich das ersehnte Restaurant, das bereit war, eine Gruppe von mehr als 30 Jugendlichen aufzunehmen.

Am Freitag folgte nach einer Führung im hübschen historischen Zentrum Vitorias eine Stadtrallye, während unsere Austauschschüler/-innen Unterricht hatten. Der Samstag wird uns allen am besten in Erinnerung bleiben: Wir machten einen Tagesausflug nach San Sebastián (auf Baskisch: Donostia). Die Küstenstadt mit zahlreichen wunderschönen Gebäuden aus der Belle Epoque gilt als „Perle des Kantabrischen Meers“. Zuerst fuhren wir mit einer bereits 1912 eingeweihten, urigen Seilbahn auf den Monte Igueldo. Dort gibt es einen ebenso urigen Vergnügungspark und eine fantastische Aussicht über die malerische Bucht. Den Rest des Tages verbrachten wir, teils auch auf eigene Faust, im Stadtzentrum und am Strand, wo wir das ausnahmsweise schöne Wetter und die Meerluft genießen konnten. Außerdem besuchten wir ein an sich schön aufbereitetes Aquarium – wenn man von dem etwas zu kleinen Becken mit passierbarem Glastunnel absieht, in dem neben hunderten von Fischen auch einige weiße Haie und Rochen unter Platzangst litten.

Für den Sonntag hatten sich einige der Gastfamilien zusammengeschlossen, um einen Ausflug zu einem Turm zu machen, auf dem wir dann ein, mit für uns leider nicht immer verständlichen Witzen (wir hatten ja erst drei Tage gehabt, um unser Spanisch zu perfektionieren) gespicktes, Theaterstück ansahen. Danach besuchten wir die sogenannten Salinas, an denen im Sommer durch Verdunstung aus Quellwasser Salz gewonnen wird, und gingen anschließend typisch baskisch essen. In dem Restaurant, in das unsere Gastfamilien uns einluden, wurde natürlich mit Salz von den Salinas gewürzt. Die Woche, die wir im Baskenland verbrachten, verging wie im Flug. Wir nahmen am Unterricht an der spanischen Schule teil, wurden im Rathaus offiziell empfangen, liefen Schlittschuh, nahmen an einem Regierungsprojekt teil, in dem es um Mobilität in Augsburg und Vitoria und die Verbindung der beiden Städte ging, und besuchten Sehenswürdigkeiten in der Stadt, so zum Beispiel die ehemals einsturzgefährdete, aber gerade deswegen beeindruckende und interessante Alte Kathedrale, die man seit dem Beginn der Sanierung von den Fundamenten aus bis zum Glockenturm unter die Lupe nehmen kann. Des Weiteren waren wir auch in Bilbao (auf Baskisch: Bilbo), der größten Stadt des Baskenlandes. Dort konnten wir bei einer Gruppen-Rallye diverse Sehenswürdigkeiten, u.a. ein riesiges Kulturzentrum, Markthallen, Parks, das Stadion des heimischen Fußballclubs und natürlich die Innenstadt, besichtigen. Außerdem besuchten wir das weltbekannte Guggenheim-Museum und bewunderten den mit Blumen bestückten „Puppy“ an dessen Vorderseite.

Auch wenn wir mit dem Wetter in den neun Tagen eher wenig Glück hatten und uns sehr viel in Geduld üben mussten (einige durften sogar einmal über zwei Stunden „mal eben kurz warten“), hatten wir eine tolle Zeit in Spanien. Wir alle haben uns von der Gelassenheit und der Lebensfreude der Spanier ein Scheibchen abgeschnitten, unsere Sprachkenntnisse fleißig ausgebaut, viele Erfahrungen gesammelt und werden den Austausch sicherlich lange in bester Erinnerung behalten.

Dafür gilt unser Dank vor allem unseren beiden Begleitlehrkräften, die immer ein offenes Ohr für uns hatten (sogar wenn beim Shoppen Stilfragen aufkamen), aber auch den spanischen Lehrern Ibon und Itziar und natürlich unseren Austauschschülern/-innen samt Gastfamilien: Muchas gracias! Oder auch zu Baskisch (dank I-MA-NOL können wir das jetzt alle): Eskerrik asko!

 

(Sofie Wiedemeyer, 10b)