Zu gut für diese Welt? „Der gute Mensch von Sezuan“ und die Q 12 beim Augsburger Brechtfestival 2018

Drei Götter erscheinen dem Wasserverkäufer Wang: Sie fordern ihn auf, ihnen einen guten Menschen zu zeigen, der ihnen Unterkunft gewährt. Der Beschluss der Götter besagt nämlich, dass die Welt nur weiterbestehen darf, wenn sich genug gute Menschen finden lassen. Die Prostituierte Shen Te erklärt sich dazu bereit, die Fremden für eine Nacht aufzunehmen. Weil sie damit gütig gehandelt hat, bekommt Shen Te von den drei Göttern reichlich Geld geschenkt, wovon sie sich einen kleinen Tabakladen kauft. Weil sie aber nicht Nein sagen kann, kommen nach und nach die Armen von Sezuan zu ihr und lassen es sich auf Shen Tes Kosten gut gehen. Um nicht alles zu verlieren, verwandelt sie sich zunehmend in den kaltherzigen Shui Ta. Diese Persönlichkeitsspaltung ist in der Inszenierung von Anfang an dadurch augenfällig, dass zwei Darstellerinnen die Rolle Shen Tes spielen.

Die sehenswerte Aufführung in der ausverkauften Ausweichspielstätte des Theaters Augsburg im Martini-Park am 25.02.2018 war ein Gastspiel des Theaters Bremen und bekam viel Applaus. Bertolt Brecht wollte mit seinem Schauspiel aufzeigen, wie schwer es ist, in einer kapitalistischen Welt wie der unseren ein guter Mensch zu sein und vor allem zu bleiben, wenn Hilfsbereitschaft von der Allgemeinheit gnadenlos ausgenutzt wird und Solidarität schwer zu finden ist. Mittels desillusionierender V(erfremdungs)-Effekte seines epischen Theaters macht der Augsburger Autor das Publikum zumindest nachdenklich.

Die Inszenierung der niederländischen Regisseurin Alize Zandwijk war tiefgründig und – trotz einer Spieldauer von drei Stunden sowie einer zwanzigminütigen Einführung – erstaunlich kurzweilig.

Herzlichen Dank an Frau Dr. Schwarz und Frau Dr. Weiser, die unsere Deutschkurse zum Brechtfestival begleitet haben, sowie an einen großzügigen Sponsor des Theaterabends!

(Anabel Tinzmann, Q 12)