Antike Vor-Bilder – Vortrag über griechische und römische Porträtkunst

Auf Einladung der Societas Annensis war am Gymnasium bei St. Anna wieder einmal ein illustrer Redner zu Gast: Am 11. Oktober 2017 referierte Dr. Florian S. Knauß, der Direktor der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München, im überfüllten Vortragssaal: Anlässlich der Sonderausstellung seines Hauses zu „Charakterköpfen“ bot der Vortragende archäologisches und historisches Expertenwissen zum Thema „Norm und Individuum – Griechen und Römer im Porträt“. Diese einmalige Gelegenheit, in den Genuss einer ‚digitalen Führung‘ durch einschlägige Bestände der Glyptothek samt Leihgaben zur gut 1000jährigen Geschichte der antiken Porträtkunst zu kommen, ließen sich Kurse der Jahrgangsstufe 11 in den Fächern Latein und Griechisch, aber auch Deutsch nicht entgehen. Denn dass sich die Weimarer Klassik namentlich die griechische Bildkunst zum Vorbild nahm, bestätigte Herr Dr. Knauß anhand idealisierter Porträts: So kommt z.B. das archaische Standbild des Jünglings von Tenea Götter- und Heroenporträts ununterscheidbar gleich. Und selbst die scheinbar realistische Büste des Strategen Themistokles, eine der ersten Rundplastiken, verrät ihre Nähe zur bulligen Physiognomie eines Herakles. Am Beispiel diverser ‚viri illustres‘, namentlich Feldherren (wie Miltiades und Perikles), siegreichen Athleten von Olympia, Philosophen (wie Sokrates und Aristoteles), Dichtern (wie Homer, Pindar und Euripides) sowie Herrschern (wie Alexander dem Großen und Augustus), zeigte der Referent auf, wie sich Idealbild, Charakterstudie und intendierte Selbstdarstellung im öffentlichen Raum in überkommenen Porträts, meist römischen Kopien griechischer Originale, eng verflochten, ohne dass es eine lineare Entwicklung von idealisch-unpersönlichen Bildnissen zu immer naturalistisch-individuelleren gegeben hätte. Dass die meisten Charakterköpfe‘ widerspiegeln, wie die Betreffenden gesehen werden wollten, lässt an ‚Selfies der Antike‘ denken und bestätigt deren Vorbildlichkeit einmal mehr.

Dem Dank an Herrn Dr. Knauß für einen „fulminanten Vortrag“ seitens des Vorstandsvorsitzenden der Societas Annensis, Prof. Dr. Schurk, konnte sich das beeindruckte Publikum nur anschließen. Allen Interessierten sei ein Besuch der Ausstellung „Charakterköpfe“ in der Münchner Glypothek (noch bis 14. Januar 2018) auch an dieser Stelle empfohlen.

(Dr. Sandra Schwarz)