Hingehen und Staunen – das empfiehlt sich für die aktuelle Inszenierung von Goethes ,,Faust‘‘, genauer der Tragödie ersten Teiles, die gerade im Augsburger Theater gespielt wird – und mit dem Klassiker so experimentell verfährt, dass selbst ein Bertolt Brecht seine Freude daran gehabt hätte.
Was Regisseur Christian Weise kurz vor dem Brechtfestival auf die (Brecht-!)Bühne bringt, gilt als sog. ,,Reenactment‘‘, da die rasante Aufführung doppelgleisig fährt. In den ein dreiviertel Stunden Spielzeit werden zwar nur bestimmte Teile des Originals dargestellt, nicht etwa die gesamte Gelehrten- und Gretchentragödie. Aber zugleich laufen im Hintergrund, synchron zur Handlung, auf verschiedenen Leinwänden die passenden Filmausschnitte von Gustav Gründgens berühmter ,,Faust‘‘-Inszenierung (1957/60). Die Schauspieler/-innen auf der Bühne sprechen nicht nur identische Texte, die teils eingeblendet werden, sie ahmen noch dazu die Bewegungen der Darsteller/-innen im Film nach oder übertreiben diese. Außerdem gibt es Sequenzen, in denen auf den Leinwänden Ausschnitte von damaligen Interviews zum Film gezeigt werden: mit Gründgens selbst (seinerzeit auch der Mephisto) oder mit Will Quadflieg, dem damaligen Faust, und auch diese Einblendungen werden wieder von den Schauspielern/-innen nachgeahmt. Dadurch entsteht in Weises Version ein performativer ‚V-Effekt‘ im Sinne Brechts, der zum heutigen Medienzeitalter passt und nicht nur Goethes „Faust“ interpretiert, sondern auch dessen maßgebliche Nachkriegsinszenierung kommentiert. Die Augsburger Aufführung hat uns Schüler/-innen sehr beeindruckt, auch durch das reduzierte Bühnenbild oder den sehenswerten Entertainer (Oscar Olivo) – der zudem den Pudel (!) im Studierzimmer gab. Unserer Meinung nach ist diese Aufführung ein Muss für jeden, der bereit ist, ,,Faust‘‘ auf neue Art auf der Bühne zu bestaunen.
Zum Schluss wollen wir uns noch bei Frau Dr. Schwarz bedanken, die uns diesen Theaterbesuch ermöglicht hat!
(Sarah Trinker und Dilara Eren, Q11)