Peter Stamm – ein Auftritt der besonderen Art

Am Mittwoch, den 3. Dezember 2014, 18:00 Uhr, ist die Mensa bis zum letzten Platz belegt. Die gesamte Oberstufe des Gymnasiums bei St. Anna, die Schulleitung, einige Lehrer, Studenten und weitere Gäste warten gespannt auf die Lesung des renommierten Gegenwartsautors Peter Stamm.

Das Publikum hatte das besondere Vergnügen, einen Ausschnitt aus seinem Debütroman „Agnes“ (1998) und eine ganz neue Kurzgeschichte mit dem Titel „Elins Äpfel“ hören zu dürfen. Außerdem konnten alle Peter Stamm viele Fragen stellen, seine Bücher kaufen und anschließend von ihm selbst signieren lassen.
Der ruhige, bodenständige Schweizer (Jg. 1962) hatte selbst nie geplant, Autor zu werden. Peter Stamm studierte nach einer kaufmännischen Lehre einige Semester Anglistik, Psychologie und Psychopathologie. Erst 1990 hat er seine eigentliche Begabung im und Freude am Schreiben gefunden. Seine postmodernen Werke gehören den unterschiedlichsten Gattungen an, darunter finden sich etwa Hörspiele, Theaterstücke und Prosatexte. Wie der Schriftsteller selbst auf eine ihm gestellte Frage antwortete, tue ihm der Journalismus zwar gut, doch Romane und Kurzgeschichten  seien seine wahre Leidenschaft.
Anfangs wirkte Peter Stamm noch etwas schüchtern, in sich gekehrt und verträumt, als ob er in seiner eigenen fiktiven Welt leben würde, schien auch nach einem langen Arbeitstag ein wenig erschöpft zu sein, aber bereits bei der Lesung merkte man, dass in seinen Werken viel Begeisterung steckt. Im Laufe des Abends schien der Autor regelrecht aufzutauen und verlor immer mehr von seiner Distanziertheit. Vor allem bei den interessierten Fragen seiner Zuhörer merkte man, wie er sich mit seinen eigenen Texten und dem Interesse daran auseinandersetzte. Für manch eine(n) war die Tatsache, dass ein Schriftsteller sich selbst nicht mit seinen Figuren identifiziert, sie ihm zum Teil sogar vollkommen fremd sind, ja, dass ihr Handeln ihm durchaus unerklärlich ist, überraschend. Immer wieder brachte Peter Stamm seine Zuhörer durch lustige und anschauliche Metaphern sowie durch seine sympathische, ehrliche Art zum Lachen, wodurch er dem Publikum noch näher kam. Entgegen allen Klischees vom Dichter als abgehobener, eingebildeter, eigenartiger und verschlossener Person konnten die Besucher der Lesung zunehmend einen Bezug zu Peter Stamm herstellen.
Abschließend las er „Elins Äpfel“ aus seinem Band „Der Lauf der Dinge“ vor. Die Erzählung ist in dem für Peter Stamm typischen schlichten Stil geschrieben, der gewollt viel Raum für eigene Interpretation lässt, aber dennoch mit wenigen Worten ein Bild im Kopf des Lesers hervorruft. Wie auch bei anderen Geschichten griff der Verfasser dabei auf Themengebiete aus dem Alltag zurück.
Durch seine Art zu lesen spiegelte er sehr gut die Stimmung in den Geschichten wider. Das ruhige, unaufgeregte, aber interessante Wesen des Autors Peter Stamm findet sich auch in seinen tiefgründigen Werken. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Lesung eine lehrreiche, einzigartige und spannende Erfahrung für uns alle war! Dafür danken wir allen Verantwortlichen.

Jessica Bühler und Katharina Knauß, Q11