Q12 im Staatstheater Augsburg

Zur Einstimmung auf die im Deutschunterricht anstehende Literaturepoche „Neue Sachlichkeit“, besuchten einige Schülerinnen und Schüler des Kurses von Frau Schimkus am 2. Dezember 2022 die Vorstellung „Geschichten aus dem Wiener Wald“ am Staatstheater Augsburg.

Fotos: Jan-Peter Fuhr

Der österreichisch-ungarische Schriftsteller Ödön von Horváth schrieb das Stück Ende der 1920er Jahre in einer Zeit katastrophaler Arbeitslosigkeit und der Weltwirtschaftskrise. Als Werk der Neuen Sachlichkeit thematisiert es insbesondere die Schicksale der Mittelschicht. Es ist ein Schlüsselwerk des modernen Dramas und wird als Volksstück deklariert. Doch indem Horvath dem Publikum eine bitterböse Parodie dieser Gattung bietet, wollte er aus den gewöhnlichen Konventionen ausbrechen.

Am Beispiel des Wiener Milieus setzt er sich kritisch mit der kleinbürgerlichen Gesellschaft nach dem ersten Weltkrieg sowie dem Frauenbild in einer patriarchalischen Gesellschaft auseinander. Die im Mittelpunkt stehende junge Frau Marianne verkörpert den Wunsch nach Befreiung aus dem Rollenzwang und ist ein Sinnbild für die beginnende Emanzipation. Horváths Stücke wurden nach der Machtübernahme der Nazis verboten und erst während der Studentenrevolte in den 60er Jahren neuentdeckt.

Auch wenn das wohl berühmteste Stück Horváths ein zeitgeschichtliches Dokument der 1920/30er darstellt, besitzt es 90 Jahre nach seiner Uraufführung eine gewisse Aktualität. Im Zeitalter von Querdenkern und Fake News entlarvt es auch heute noch die Doppelmoral einer sich als bürgerlich ausgebenden Gesellschaft.

Die anspruchsvolle Inszenierung des sozialkritischen Stücks setzt entsprechendes Hintergrundwissen voraus und vermittelte einen guten Eindruck von der Gesellschaft, den patriarchalischen Verhältnissen und des Kleinbürgertums in der Zwischenkriegszeit.

(Dinah Aschenbrenner, Q12)